Jahreswechsel 2025/2026
Eine Pflegekraft assistiert einer älteren Dame im Seniorenheim.

Gesundheit und Pflege – Stabilisierung Beitragssätze

11.12.2025
9 Minuten Lesedauer

Bundesgesundheitsministerium beruft Kommissionen

Die neue Bundesgesundheitsministerin, Nina Warken (CDU), hat den Finanzsorgen der Krankenkassen wenig entgegenzusetzen. Schließlich beschränkt sich ihr Auftrag zunächst einmal nur darauf, zwei Kommissionen einzusetzen und sich Vorschläge unterbreiten zu lassen. Im Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode heißt es dazu (Ziffer 4.2):

"Hohe Defizite prägen derzeit die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung."

GKV: „… werden wir eine Kommission unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Sozialpartnern einrichten. Wir wollen, dass die Kommission die gesundheitspolitischen Vorhaben dieses Koalitionsvertrags in der Gesamtwirkung betrachtet und bis zum Frühjahr 2027 Ableitungen trifft und konkrete weitere Maßnahmen vorschlägt.“

SPV: „… mit einer großen Pflegereform angehen. … Die Grundlagen der Reform soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Ministerebene unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände erarbeiten. … Die Kommission legt ihre Ergebnisse noch 2025 vor."

  • Laut Haushaltsplanung 2026 soll ein zinsloses Darlehen an den Gesundheitsfonds in Höhe von 2,3 Mrd. Euro geleistet werden. Der Haushaltsansatz inklusive des seit 2017 gesetzlich festgeschriebenen Bundeszuschusses (14,5 Mrd. Euro) beträgt für 2026 also 16,8 Mrd. Euro.
  • Die Krankenhäuser erhalten gemäß Haushaltbegleitgesetz 2025 befristete Rechnungszuschläge in Höhe von 3,25 % vom 1. November 2025 bis zum 31. Oktober 2026. Zur pauschalen Refinanzierung dieser „Sofort-Transformationskosten“ werden aus dem sog. Sondervermögen ergänzende Bundeszuschüsse an den Gesundheitsfonds in Höhe von 1,5 (2025) und 2,5 (2026), also insgesamt 4,0 Mrd. Euro gewährt (§ 221a SGB V).
  • Darüber hinaus hat das Bundeskabinett am 15. Oktober 2025 Einsparmaßnahmen im Umfang von 2,0 Mrd. Euro beschlossen. Demnach sollen die Vergütungsanstiege im Krankenhausbereich auf die reale Kostenentwicklung (Volumen: 1,8 Mrd. Euro) und die Verwaltungskosten der Krankenkassen (0,1 Mrd. Euro) im Jahr 2026 begrenzt sowie das Fördervolumen des Innovationsfonds reduziert (0,1 Mrd. Euro) werden.
    Insgesamt will man damit das Finanzdefizit in der GKV im nächsten Jahr decken. Insofern ist am 10. November 2025 die Bekanntmachung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes (gemäß § 242a Abs. 2 SGB V) für das Jahr 2026 im Bundesanzeiger erfolgt. Mit 2,9 Prozent folgt das Bundesgesundheitsministerium den Ergebnissen des GKV-Schätzerkreises vom 14./15. Oktober 2025
  • Der Bundestag hat am 28. November 2025 den Bundeshaushalt für 2026 beschlossen. Im Etat des BMG (Bundesministerium für Gesundheit) wird die SPV mit zusätzlichen 1,7 Mrd. Euro gestützt. Im Gesundheitsetat stehen damit insgesamt 3,2 Mrd. Euro für ein überjähriges zinsloses Darlehen an den Ausgleichsfonds zur Verfügung. Mit dem erhöhten Ansatz soll laut Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD die Liquidität gesichert sowie der Beitragssatz für 2026 stabilisiert werden. Im Dezember muss nun noch der Bundesrat sein Votum abgeben.

FinanzKommission Gesundheit (FKG)

Der Arbeitsauftrag datiert vom 8. September 2025, vier Tage später berief Bundesgesundheitsministerin Nina Warken die Mitglieder der FinanzKommission Gesundheit (FKG). Sie sollen Maßnahmen für eine dauerhafte Stabilisierung der Beitragssätze in der GKV erarbeiten.

Relativ dezidiert und weitgehend ohne Vorfestlegungen werden die Arbeitsaufträge beschrieben – für Details sei an dieser Stelle auf den Arbeitsauftrag vom 8. September 2025 im vollen Wortlaut verwiesen.

Zur fachlichen und administrativen Unterstützung der Kommissionsarbeit wurde eine Geschäftsstelle im BMG eingerichtet. Sofern bei ausgewählten Einzelfragen notwendig, können externe Studien und Gutachten in Auftrag geben oder weitere Wissenschaftler und/oder Praktiker beratend hinzugezogen werden.

Besetzung der Kommission

Die Kommission ist mit Vertretern der Wissenschaft – insbesondere aus den Bereichen Ökonomie, Medizin, Sozialrecht, Ethik und Prävention besetzt. Sie wurden derart ausgewählt, dass einschlägige Expertise in allen relevanten Finanzierungsthemen sichergestellt ist. Daher liegt der Schwerpunkt auf Wissenschaftlern mit ökonomischer Expertise.

Die Mitglieder der FinanzKommission Gesundheit sind:

  • Frau Prof. Dr. Dagmar Felix (Professorin für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Sozialrecht, Universität Hamburg)
  • Herr Prof. Dr. med. Ferdinand Gerlach (Professor für Allgemeinmedizin und Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main)
  • Herr Prof. Dr. Wolfgang Greiner (Professor für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, Universität Bielefeld)
  • Herr Prof. Dr. Michael Laxy (Professur für Public Health und Prävention, Technische Universität München)
  • Herr Prof. Dr. Jonas Schreyögg (Professor für Management im Gesundheitswesen, Universität Hamburg)
  • Frau Prof. Dr. Leonie Sundmacher (Professorin für Gesundheitsökonomie, School of Medicine & Health, Technische Universität München)
  • Herr Prof. Dr. Gregor Thüsing (Professor für Arbeitsrecht und Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und das Recht der sozialen Sicherheit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
  • Frau Prof. Dr. Verena Vogt (Professorin für Quantitative Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Jena)
  • Frau Prof. Dr. Dr. Eva Winkler (Onkologin und Professorin für Translationale Medizinethik, Universität Heidelberg)
  • Frau Prof. Dr. Amelie Wuppermann (Professorin für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft, Universität Bayreuth)

Berichte der Kommission

Die Berichte der FKG sollen dem Bundeskabinett zur Kenntnis vorgelegt werden. Daran anknüpfend wird innerhalb der Bundesregierung über die Finanzierbarkeit und Umsetzung beraten und entschieden.

Krankenkassen verklagen den Bund

Der Bund zahlt jedes Jahr 10 Mrd. Euro zu wenig an die gesetzlichen Krankenkassen für die gesundheitliche Versorgung der Bezieher von Bürgergeld (künftig: Grundsicherungsgeld). Seit über 15 Jahren weist der GKV-Spitzenverband auf diese systematische Unterfinanzierung zulasten der GKV hin. Geändert hat das bisher nichts.

Die Folge sind höhere Arbeitskosten für die Unternehmen und weniger Netto vom Brutto für die Beschäftigten. Dieses Vorgehen der Bundesregierung schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, denn so wird Arbeit immer teurer.

Deshalb hat der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes Mitte September in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen, Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der systematischen Unterfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung von gesetzlich versicherten Beziehern von Grundsicherung nach dem SGB II zu erheben: Pressemitteilung vom 11. September 2025

Klagegegenstand sind die seit Mitte November an die einzelnen Krankenkassen verschickten Bescheide des Bundesamts für Soziale Sicherung (BAS) über die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2026. Daraufhin hat der GKV-Spitzenverband Anfang Dezember Klagen beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingereicht: Pressemitteilung vom 1. Dezember 2025

Pressekonferenz am 11. September 2025: Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der systematischen Unterfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung von gesetzlich versicherten Bürgergeldbeziehenden
Quelle: GKV-Spitzenverband 2025

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Zukunftspakt Pflege – Bund-Länder-Arbeitsgruppe

In einer gemeinsamen Sitzung hat sich am 7. Juli 2025 die Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) in Berlin konstituiert und sich auf das weitere Vorgehen für eine Reform der Pflegeversicherung verständigt. Am 11. Dezember 2025 legte die Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ ihre fachlichen Eckpunkte vor, die im kommenden Jahr in ein Gesetzgebungsverfahren einfließen und in einem Gesetz für eine nachhaltige Pflegestruktur- und -finanzierungsreform münden sollen. In der Roadmap des Bundesgesundheitsministeriums heißt es, dass das Gesetz "möglichst Ende 2026 in Kraft treten" soll. Alle Maßnahmen stehen dabei laut Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt. 

Fachliche Eckpunkte

Am 11. Dezember 2025 wurden die Kommissionsergebnisse in Gestalt "Fachlicher Eckpunkte für eine nachhaltige Struktur- und Finanzierungsreform in der Pflegeversicherung“ (Umfang: 48 Seiten) veröffentlicht. Das Bundesgesundheitsministerium fasst die wichtigsten Ergebnisse der Bund-Länder-AG wie folgt zusammen:

  • Prävention und Nachhaltigkeit in der Langzeitpflege: Regelmäßige Gesundheits-Check-ups zur Erkennung individueller Risikofaktoren für pflegerelevante Krankheiten werden durch eine Neuausrichtung der GKV-Leistungen auf spezifische präventive und rehabilitative Bedarfe Pflegebedürftiger ergänzt.
  • Aktiv und selbstständig bleiben – Pflegebedürftigkeit vermeiden: Mit gezielter fachlicher Begleitung, Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen und einem Notfallbudget für Randzeiten wird die häusliche Pflege nachhaltig unterstützt.
  • Kurze Wege in die Pflege – Zugänglichkeit erleichtern: Mit der Bündelung in einem Sachleistungs- und Entlastungsbudget sollen ambulante Leistungen für Pflegebedürftige flexibler und leichter zugänglich werden. Zugleich können Leistungsbeträge im Vergleich zu den bisherigen für ambulante Sach- und Geldleistungen verfügbaren Beträgen fokussiert werden.
  • Pflegeversorgung in der Fläche sicherstellen: Für eine bürgernahe pflegerische Versorgung in ländlichen Regionen sollen Pflegekassen und Kommunen mehr Möglichkeiten zur Trägerschaft von Pflegeeinrichtungen erhalten, wobei sie für eine gezielte Bereitstellung pflegerischer Angebote von vertraglichen Vorgaben abweichen dürfen.
  • Mehr Freiheit, weniger Vorgaben: Unter Vereinfachung und Abbau doppelter Vorgaben auf Bundes- und Landesebene sollen Kernbereiche wie Personaleinsatz und Qualitätssicherung nachhaltig entbürokratisiert werden, um die Arbeitsbedingungen von Pflegenden zu verbessern und die Attraktivität von Pflegeberufen zu erhöhen.
  • Mut zur Innovation: Mit einer unbürokratischen Förderung von Pflege-Innovationen, vor allem in den Bereichen Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz sollen die Effizienz von Arbeitsabläufen erhöht und die digitale Transformation vorangetrieben werden.
  • Nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung: An den Prinzipien des Teilleistungssystems und den Pflegestufen soll festgehalten werden. Um die Ausgabendynamik in der Pflegeversicherung zu bremsen, werden aber sowohl Möglichkeiten zur Begrenzung pflegebedingter Eigenanteile als auch die Zugangswirkung bestehender Schwellenwerte in der Begutachtungssystematik geprüft.

Hinweis:

Weitere Informationen, sowohl zur FinanzKommission Gesundheit (FKG) als auch zum Zukunftspakt Pflege, können auf der Homepage des BMG nachgelesen werden: www.bundesgesundheitsministerium.de

Hinsichtlich der Positionierung des GKV-Spitzenverbandes lohnt ein Besuch von: www.gkv-spitzenverband.de